Rückschlag für Apothekenprüfer

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Berlin, 06.05.2013 - Apotheken müssen dem Fiskus nicht alle Daten liefern, die sie aufzeichnen. Das Hessische Finanzgericht hat dem Datenhunger des Finanzamtes in der jetzt vorliegenden Begründung eine deutliche Abfuhr erteilt. Spannend ist vor allem, dass das Gericht keine Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat, weil die Verweigerung des Datenzugriffs der BFH-Rechtsprechung folge. Dagegen ist zwar noch eine Beschwerde möglich, doch das Finanzamt steht unter Zeitdruck.

Im Herbst 2011 erhielt ein Apotheker aus Hessen den Bescheid für eine Betriebsprüfung der Jahre 2007 bis 2009. Der Prüfer forderte das Journal der EDV-Kasse sowie Daten der Z-Bons und alle Einzeldaten des Warenverkaufs.

Der Apotheker legte jedoch nur die Tagesendsummenbons und sein Kassenbuch vor. Die Einzeldokumentation der Verkäufe hatte sein Steuerberater aus dem Datensatz entfernt, da der Fiskus darauf aus seiner Sicht keinen Anspruch hat.

Der Prüfer ließ nicht locker, verlangte erneut die Herausgabe der Dateien „vk_rechnungen“ und „vk_verkaeufe“ und drohte dem Apotheker ein Verzögerungsgeld an. Dies kann bis zu 250.000 Euro betragen, mindestens aber 2500 Euro. Der Einspruch des Apothekers wurde als unbegründet zurückgewiesen. Daraufhin beauftragte er den Steuerberater und Rechtsanwalt Dr. Bernhard Bellinger und erhob im Februar 2012 Klage.

Das Finanzgericht gab dieser in vollem Umfang statt. Die Anforderung des Fiskus sei „in Ermangelung einer die Datenanforderung stützenden gesetzlichen Grundlage rechtswidrig“, heißt es in der Begründung. Das Grundgesetz schütze den Apotheker vor einem Eingriff der Finanzverwaltung ohne Ermächtigung. Der Apotheker müsse nur solche Daten aufbewahren, die er nach gesetzlichen Vorgaben „aufzeichnen“ müsse.

Apotheker seien als klassische Einzelhändler nicht verpflichtet, alle getätigten Einzelverkäufe manuell oder digital aufzuzeichnen, so die Richter. Dass der betroffene Apotheker die Daten freiwillig aufgezeichnet habe, ändere daran nichts.

Die Richter hatten zwar Verständnis dafür, dass die Daten für den Fiskus von großem Interesse seien. Es wäre aus Sicht des Gerichts jedoch unverhältnismäßig, wenn sich die Aufbewahrungspflicht daran richten würde, was der Steuerpflichtige freiwillig – etwa zu internen Kontrollzwecken – aufzeichne.

Entgegen der Ansicht des Finanzamtes handele es sich bei den geforderten Daten auch weder um „Grundaufzeichnungen“ noch um „sonstige Unterlagen“, die der Apotheker gesondert aufbewahren müsse. Keine vom Fiskus ins Feld geführte Vorschrift begründe eine Aufzeichnungspflicht der Daten, so das Urteil.

Denn auch bei den berufsrechtlichen Dokumentationspflichten aus der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) schließlich gehe es gar nicht um Preise, beim Umsatzsteuergesetz nicht um die einzelnen Waren. 

Die Gesetzeslage möge „aus prüfungspraktischer Sicht zwar ausgesprochen misslich sein“, so die Richter. Es stehe dem Gesetzgeber jedoch jederzeit frei, dies zu ändern. Solange habe der Fiskus kein Zugriffsrecht auf diese Daten.

Das beklagte Finanzamt in Bensheim kann jetzt nur noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH einlegen, die mit einer Frist von zwei Monaten begründet sein muss. Geschieht das nicht, oder lehnt der BFH die Beschwerde ab, wird das Urteil rechtskräftig.

Dann hätte Bellinger für viele Apotheken einen wichtigen Sieg errungen: Die Steuerbehörden könnten die Kassenauftragszeile nicht mehr einfordern. Mögliche Interpretationsfehler der Prüfer wären damit ausgeschlossen. Apotheker haben unabhängig davon jederzeit das Recht, mit Einzeldaten die Richtigkeit ihrer Buchführung zu belegen. Das Urteil stellt Bellinger auf seiner Facebook-Seite zum Download bereit.

(Quelle: www.apotheke-adhoc.de · Autor: Alexander Müller)

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